Dekanat Rheingau-Taunus

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Interkulturelle Woche in Idstein

„Freiheit! Darum bin ich hier her gekommen“

(c) DekanatDer Himmel über unsDer Himmel über uns

„Ich wollte frei reden können." berichtete eine 80 Jährige*, die vor 60 Jahren aus der DDR nach Westdeutschland kam. „Ein Mitschüler und mehrere Kommilitonen sah ich nie wieder, nachdem sie in jugendlichem Überschwang zu lockere und lässige Kommentare über die herrschenden Zustände geäußert hatten."

(c) DekanatErzählcafé IdsteinErzählcafé Idstein

Ein Eritreer berichtet den Zuhörern des Erzählcafés, dass er verantwortlich dafür gemacht wurde, dass von seiner Truppe im Grenzkonflikt mit Äthiopien fünf Soldaten in den Süd-Sudan desertierten. „Ich musste mein Schuldgeständnis unterschreiben; danach bin ich selbst geflohen“, sagt er sichtlich bewegt.  Während der interkulturellen Woche in Idstein berichteten unterschiedlichste Menschen über ihre Erfahrungen als sie vor kurzem oder schon vor Jahrzehnten, von Nah und Fern ins Idsteiner Land kamen.

Verantwortlich gemacht für Deserteure

„Als ich in Deutschland ankam, hat sich ein Jahr lang überhaupt niemand für mich interessiert," berichtet der Eritreer weiter, Inzwischen ist er Dank eigener Anstrengung und deutscher Unterstützer über die ehrenamtliche in der hauptamtliche Sozialarbeit angekommen und lebt mit seiner Lebenspartnerin in einer eigenen Wohnung von eigenem Einkommen.

Wie wichtig beim Ankommen in der deutschen Gesellschaft die Sprache ist, zeigen zwei unbegleitete minderjährige Flüchtlinge aus Afghanistan: In fließendem Deutsch berichten sie über ihre schulischen und beruflichen Ziele und stellen fest: „Hier können wir essen, anziehen und lernen was wir wollen. Das war in unserer Heimat nicht möglich. Wir haben noch nichts Schlechtes an Deutschland gefunden."

Humorvolle Anekdoten der Krankenschwestern aus Korea

Humorvoll dagegen berichtet eine Koreanerin von der Ankunft ihrer Landsfrauen in den späten 60er Jahren. Sie kamen damals um den Mangel an Krankenschwestern in Deutschland zu lösen. Fleißig hatten sie Deutsch gelernt. Dennoch wurde aus der „Nachtschwester die Nacktschwester“ und an Silvester „hat man Böller geschissen“. Als die deutsche Regierung nach einigen Jahren die bewährten Pflegekräfte heimschicken wollte, machte sich die koreanische Akademikerin politisch stark für sie, damit sie bleiben können. Ein Teil zog weiter nach USA und Kanada, etliche blieben tatsächlich hier und singen heute noch zusammen im koreanischen Frauenchor.

Verzweifelt an Behördensprache

Ein iranischer Familienvater verzweifelte zunächst an den deutschen Behördenschreiben. Anfangs übersetzte er sie Wort für Wort mithilfe eines Internet-Lexikons. Nicht immer erschloss sich für ihn der Sinn erschloss. Aus Verantwortung gegenüber seiner unternahm er große Anstrengungen, schnell Deutsch zu lernen. Heute arbeitet der studierte Physiker in einem Facility Management Unternehmen in Frankfurt und freut sich, dass er „angekommen" ist. „Ohne deutsche Helfer wäre das sehr viel schwerer gewesen", weiß er zu berichten. Die - teilweise in Deutschland geborenen -Söhne werden auf Anraten des Grundschullehrers jetzt zweisprachig erzogen: Deutsch in der Schule, Farsi daheim - inklusive Lesen und Schreiben. Auch das ist eine Freiheit, die es in vielen Ländern nicht gibt.

Als musikalisches Intermezzo hörte das aufmerksame Publikum im gemütlichen „Café Ungrad“ ein westlich klassisches und syrisch eigenkomponiertes Violinenstück sowie die einfühlsame Vertonung der Auswanderer-Situation aus Korea in die Mongolei auf Querflöte.

„Ich habe viel gelernt heute Abend durch diese persönlichen Lebensgeschichten. Begegnung ist doch ganz anders als Berichte in der Zeitung oder im Fernsehen", sagte eine Zuhörerin. Abschließend stellte Patricia Garnadt, eine der Moderatorinnen, fest: „Heute Abend wird uns sehr bewusst, welche Freiheit wir hier in Deutschland genießen dürfen.“ Und: Das Ankommen in der deutschen Gesellschaft gelinge am besten mit einer guten Mischung aus eigener Anstrengung und individueller Unterstützung derer, die sich hier auskennen.

 

*(Aufgrund der zum Teil schwierigen Situation in den Heimatländern, wollten viele der Personen anonym bleiben. Die Namen sind den Veranstaltern bekannt)

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